Mo–Do 11–22 Uhr, Fr + Sa 11–23 Uhr, So + Feiertag 11–21:00 Uhr
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Das Reinheitsgebot besagt, dass zur Herstellung von Bier nur Gerste, Hopfen und Wasser verwendet werden darf.
Schon 1290 verbot in der Freien Reichsstadt Nürnberg eine Verordnung den Brauern mit Hafer, Weizen, Roggen und Dinkel ihr Bier zu brauen. Als Braugetreide war nur Gerste erlaubt. Fälschlicherweise wird manchmal diese Verordnung als ältestes »Reinheitsgebot « gedeutet. Tatsächlich war der Erlass jedoch nur dazu da, zu verhindern, daß wertvolles Brotgetreide zum Brauen „missbraucht“ wurde, v.a. bei Missernten.
Das tatsächliche Reinheitsgebot geht auf Bayernherzog Wilhelm IV. zurück, der die (relativ radikale) Verordnung im Jahre 1516 im Landtag von Ingolstadt verabschiedete.
Ursache dafür war wohl hauptsächlich die Qualität des damaligen „Bieres“. So waren seinerzeit Gewürze, Obst, Kräuter und Unkräuter wie Anis, Brabanter Myrthe (»Gemeiner Gagel«), Eichenblätter, Efeu (giftig!), der ebenfalls giftige Samen der Herbstzeitlosen, Himbeeren, Holunderbeeren, Kreuzkümmel, Kümmel, Lavendel, Löwenzahn, Lorbeer, Melisse, Minze, Muskat, Pfirsichblätter, Pflaumen, Rosenblätter, Rosmarin, Schlüsselblumen, Sumpf-Porst (»wilder Rosmarin«), Wacholderbeeren und Zitrone beim Brauen gang und gäbe. Dabei hatte der Einsatz unterschiedliche Gründe, z. B. wurden manche Stoffe als Hopfenersatz genommen, manche ihrer Rauschwirkung zuliebe, andere zur Verlängerung der Haltbarkeit. Dass das damalige Bier geschmacklich nicht viel mit unserer heutigen Vorstellung davon gemeinsam hat, kann sich jeder leicht vorstellen. Hierin ist nun wohl die Ursache des Missstandes zu sehen, der zu dem führte, was uns heute als »Reinheitsgebot« bekannt ist.
Im Originaltext liest sich die Verordnung so:
Wie das Pier Summer vie Winter auf dem Land sol geschenkt und prauen werden Item wir ordnen, setzen und wollen mit Rathe unnser Lanndtschaft das füran allenthalben in dem Fürstenthumb Bayrn auff dem Lande auch in unsern Stettn vie Märckthen da desáhalb hieuor kain sonndere ordnung gilt von Michaelis bis auff Georij ain mass oder kopffpiers über einen pfennig müncher werung un von Sant Jorgentag biß auf Michaelis die mass über zwen pfennig derselben werung und derenden der kopff ist über drey haller bey nachgeferter Pene nicht gegeben noch außgeschenckht sol werden. Wo auch ainer nit Merrzn sonder annder pier prawen oder sonst haben würde sol erd och das kains weg häher dann die maß umb ainen pfennig schenken und verkauffen. Wir wollen auch sonderlichen dass füran allenthalben in unsern stetten märckthen un auf dem lannde zu kainem pier merer stückh dan allain gersten, hopfen un wasser genommen un gepraucht solle werdn. Welcher aber dise unsere Ordnung wissendlich überfaren unnd nie hallten wurde den sol von seiner gerichtsobrigkait dasselbig vas pier zustraff unnachläßlich so offt es geschieht genommen werden. jedoch wo ain brüwirt von ainem ainem pierprewen in unnsern stettn märckten oder aufm lande jezuzeitn ainen Emer piers zwen oder drey kauffen und wider unnter den gemaynen pawrfuolck ausschenken würde dem selben allain aber sonstnyemandes soldyemaßs oder der kopfpiers umb ainen haller häher dann oben gesetzt ist zugeben un ausschencken erlaube unnd unuerpotn.
Verständlicher ist die übersetzte Fassung:
Wie das Bier im Sommer und Winter auf dem Land ausgeschenkt und gebraut werden soll Wir verordnen, setzen und wollen mit dem Rat unserer Landwirtschaft, daß forthin überall im Fürstentum Bayern sowohl auf dem Lande wie auch in unseren Städten und Märkten, die keine besondere Ordnung dafür haben, von Michaeli bis Georgi eine Maß (1) oder ein Kopf (2) Bier für nicht mehr als einen Pfennig Münchener Währung und von Georgi bis Michaeli die Maß für nicht mehr als zwei Pfennig derselben Währung, der Kopf für nicht mehr als drei Heller (3) bei Androhung unten angeführter Strafe gegeben und ausgeschewnkt werden soll. Wo aber einer nicht Märzen, sondern anderes Bier brauen oder sonstwie haben würde, soll er es keineswegs höher als um einen Pfennig die Maß ausschenken und verkaufen. Ganz besonders wollen wir, daß forthin allenthalben in unseren Städten, Märkten und auf dem Lande zu keinem Bier mehr Stücke als allein Gersten, Hopfen und Wasser verwendet und gebraucht werden sollen. Wer diese unsere Androhung wissentlich übertritt und nicht einhält, dem soll von seiner Gerichtsobrigkeit zur Strafe dieses Faß Bier, so oft es vorkommt, unnachsichtlich weggenommen werden. Wo jedoch ein Gauwirt von einem Bierbräu in unseren Städten, Märkten oder auf dem Lande einen, zwei oder drei Eimer (4) Bier kauft und wieder ausschenkt an das gemeinsame Bauernvolk, soll ihm allein und sonst niemand erlaubt und unverboten sein, die Maß oder den Kopf Bier um einen Heller teurer als oben vorgeschrieben ist, zu geben und auszuschenken. Auch soll uns als Landesfürsten vorbehalten sein, für den Fall, daß aus Mangel und Verteuerung des Getreides starke Beschwernis entstünde (nachdem die Jahrgänge auch die Gegend und die Reifezeiten in unserem Land verschieden sind), zum allgemeinen Nutzen Einschränkungen zu verordnen, wie solches am Schluß über den Fürkauf ausführlich ausgedrückt und gesetzt ist.
(1) bayerische Maß= 1,069 Liter
(2) halbkugelförmiges Geschirr für Flüssigkeiten; nicht ganz eine Maß
(3) gewöhnlich ein halber Pfennig
(4) enthält 60 Maß
Diese Brauvorschrift wurde im Laufe der Zeit von den anderen deutschen Ländern übernommen und ab 1906 für das ganzeDeutsche Reich verbindlich. Auch heute bildet das Reinheitsgebot die Grundlage aller untergärig hergestellten Biere in Deutschland. Für obergärig gebraute Biere ist die Mitverwendung von Weizenmalz zulässig. Die Durchsetzung des Reinheitsgebotes wird heute durch das Vorläufige Biergesetz vom 29. Juli 1993 geregelt.
Die Hefe bleibt im Reinheitsgebot von 1516 unerwähnt, weil vom Wesen der Gärung so gut wie nichts bekannt war. Sie wurde als Abfallprodukt und nicht als vierter Rohstoff behandelt. Das Original-Schriftstück wird heute in der Bayerischen Staatsbibliothek in München aufbewahrt.